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5,2-Millionen-Projekt Burg Ziesar

Museum für mittelalterliche Kirchengeschichte entsteht - Schmuckstück wird die prächtig ausgemalte Burgkapelle

Von Dieter Weirauch

35 Meter hoch ist der Bergfried der Wasserburg Ziesar, sein flaches Dach wird wegen seiner Form "Bischofsmütze" genannt

Foto: Jäzosch & Gurlt

Ziesar - Ziesar erlangte im Mittelalter Berühmtheit. Die Burg war von Mitte des 12. Jahrhunderts bis zum 16. Jahrhundert Residenz der Bischöfe von Brandenburg. Zwischen Ziesar und Rom gab es eine "direkte Achse". Der Jerusalem-Raum der Burg mit ausgedehnten Wandmalereien von der heiligen Stadt gilt hierfür ebenso als Beleg wie die Paradies-Gestaltung der Kapelle oder die Fußbodenheizungen in der Residenz nach antikem Vorbild. "Das ist eine Fünf-Sterne-Anlage des Mittelalters", so Kurator Clemens Bergstedt. Die Erfolgsstory des heute kurz vor der Landesgrenze zu Sachsen-Anhalt gelegenen 2000 Einwohner zählenden Ortes, könnte sich wiederholen, wenn zu Pfingsten kommenden Jahres in der einstigen Bischofsresidenz das Museum für brandenburgische Kirchen- und Kulturgeschichte des Mittelalters öffnet. Es soll überregional eine wichtige Rolle spielen und ist Mittelpunkt der Kulturlandkampage 2005, die sich mit 1000 Jahre Christianisierung in Brandenburg beschäftigt.

Rund 5,2 Millionen Euro fließen in die Sanierung der Burg für dieses bundesweit in seiner thematischen Ausrichtung einmalige Museum. Die Hälfte der Kosten übernahm die Europäische Union. Weitere Mittel von jeweils einer Million Euro kommen vom Land und dem Bund. Die Stadt steuert rund 566 000 Euro bei. Ebenso dabei: der Bundesfond "Kultur in den neuen Ländern" sowie der Landkreis Potsdam-Mittelmark.

Die Burgkapelle wurde 1470 als katholische Pfarrkirche geweiht. Die in ihrer Vollständigkeit erhaltene Ausmalung stammt aus der Erbauungszeit. Derzeit werden die seltenen um 1500 entstandenen Wandmalereien restauriert. Für deren Erhalt stellt der World Monuments Fund (WMF) aus New York 70 000 Dollar zur Verfügung. Ziel des 1965 in den USA gegründeten WMF sei der Erhalt von bedeutenden Denkmälern in strukturschwachen Regionen, erläutert Friedrich-Wilhelm von Rauch, Geschäftsführer der Ostdeutschen Sparkassenstiftung. Im WMF sind Museen, Kulturstiftungen und Unternehmen der USA vertreten. Der Fonds unterstützt auch die Restaurierung der Hagia Sophia in Istanbul und der Krakauer Synagoge.

Noch sind nicht alle Facetten der wechselvollen Geschichte der Burg erforscht. Mit der Reformation und später der preußischen Geschichtsschreibung über Hohenzollern und Askanier sei das Wissen über die Geschichte der Bischofsburg jedoch verloren gegangen, berichtet Dr. Bergstedt. So sind die Wandmalereien der Kapelle von reformierten Gemeinden übertüncht worden und erst um 1860 wieder zum Vorschein gekommen: Die weiße Farbe blätterte ab. Die Malereien im Jerusalem-Raum wurden 1995 hinter einer Wandverkleidung entdeckt.

Die Anlage diente in der Vergangenheit als Witwenresidenz der Kurfürsten, als Lagerraum und zu DDR-Zeiten als Internat.

Die künftige Ausstellung ist bereits konzipiert, "Wege in die Himmelsstadt" lautet ihr Titel. Der erste Teil wird sich mit dem Aufeinandertreffen verschiedener Glaubensrichtungen befassen. Dabei geht es auch um die Slawen und um die Ausbreitung des Christentums bis ins 10. Jahrhundert. Der zweite Teil soll Einblick in Missionszentren und Bistumsgründungen östlich der Elbe geben, der dritte Teil behandelt die bischöfliche Herrschaft vom 12. bis 16. Jahrhundert und die Beziehungen zwischen Bischöfen und Markgrafen. Zu sehen sein werden auch Leihgaben der Skulpturensammlung Berlin, so ein Kruzifix aus dem 14. Jahrhundert.

Heinz-Dieter Heimann, Fachbeirats-Vorsitzender des Museums Burg Ziesar und Professor für Mittelalterliche Geschichte an der Universität Potsdam, sagt: "Was Potsdam für Preußens Geschichte ist Ziesar für die vorpreußische Zeit." Parallel werden baugeschichtliche Aspekte der mittelalterlichen Burg beleuchtet, denn "die Burg ist unser wichtigstes Exponat".

Aus der Berliner Morgenpost vom Sonntag den 11.4.2004